Gedicht über Amicitia (Cbr. Hubert Surrey+) - CV-Zirkel AMICITIA zu Paderborn

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Gedicht über Amicitia (Cbr. Hubert Surrey+)

ARCHIV


Auf dieser Seite wollen wir einige Gedichte unseres Cartellbruders Hubert Surrey veröffentlichen. Die Gedichte behandeln die Geschichte, Veranstaltungen und einzelne Mitglieder des CV-Zikels Amicitia zu Paderborn, dem Cbr. Surrey bis zu seinem Tode angehörte:


Hermann der Kartoffelbruzzler (Cbr. Hermann Auffenberg)

Im Haxtergrund mit grüner Jacke
und beulenreichem Jägerhut
ein Waldmensch stochert in der Schlacke
und schürt die angefachte Glut.

Mit Eisenhaken, Kohlenzangen
durchlüftet er den Riesenberg
aus Reisern, Knüppeln, dicken Stangen,
geschichtet für sein heißes Werk!

Er murmelt Wotans Feuersprüche
und bannt des Salamanders Geist,
indessen über Wald und Brüche
geheimnisvoll der Bussard kreist.

Aus weiten und aus nahen Ländern
marschieren oder fahren flink
die Brüder mit den bunten Bändern
zum feurigen Kartoffelthing

Inzwischen, wenn mit Knistertönen
die letzten Hölzer sind verkohlt,
der Feuerkünstler unter Stöhnen
den schweren Sack Kartoffeln holt.

Er deckt sie zu mit grauer Asche
und wartet, bis sie endlich gar
zum Imbiss sind und zum Genasche.
Schon naht vergnügt die laute Schar.

Begierig jeglicher Geselle
bald kaut die stärkereiche Frucht
mitsamt der Asche und der Pelle
aus edler deutscher Saatenzucht.

Ob Heida, Bona, Ackersegen,
ob rosa, blau, ob gelb, ob weiß:
sie wandern alle in die Mägen,
sofern sie frisch sind noch und heiß!

Die Zwiebel löst im Darm die Stauung,
und Butter, Blutwurst, Flaschenbier
beschleunigen die Hauptverdauung
ein Schnäpschen wirkt als Elixier.

Im Eingeweide, in dem vollen,
der Doppelkorn besonders gut
die warmen Erdäpfel läßt rollen
er steigert auch den Mannesmut.

Gleich schimpft man tapfrer auf die Steuern,
die Schwiegermutter und den Staat,
und daß die Waren sich verteuern
durch Mißwirtschaft im Magistrat.

Sobald dann über Busch und Hagen
Der späte Mond zum Heimweg lädt,
sich mancher überfüllte Magen
ein wenig knurrend eingesteht:

Oh, lobt den Hermann diesen besten,
Kartoffelbruzzler hierzuland,
seit ein Kolumbus fern im Westen
Solanum tuberosum fand!


Kartoffelessen des CV am 28.September 1996
H. Surrey

Solanum tuberosum = Kartoffel





Am Stammtisch der Patriarchen

Wenn des Lebens gold´ne Mitte
Kühn du übersprungen hast
Werdn kürzer deine Schritte
Un dein Jugendglanz verblasst

Büschelweise deine Locken
Auf dem blanken Schädeldach
Wippend und vereinsamt hocken
Ach, welche schlimmes Ungemach!

Von der Backe bis zr Stirne
Manche tiefe Furche reicht,
und die Nase fast der Birne
oder der Kartoffel gleicht.

Pralle Wohlstandsröllchen hängen
Überm Kragen mit dem Schlips,
die die Kehle oft bedrängen
ärger als das Huhn der Pips.

Schwer der Leib, der, wohlgekleidet,
höchste Leistungen begehrt,
unter dem Verfalle leidet
und Verdrießliches erfährt.

Wer wohl zählt die Quell´n des Harmes:
Schnupfen, Ischias und Gicht,
Magenrülpser, Druck des Darmes,
übergroßes Wanstgewicht!

Dennoch laß dich nie dran hindern,
das du fromm den Stammtisch pflegst!
Dieser kann den Kummer lindern,
welchen Du im Herzen trägst.

Frohsinn schenkt er miteinander
Laut pfeif dort du gleich dem Spatz
Reib vergnügt den Salamander,
Sprich lateinisch wie Horaz!

Hubert Surrey 2006





Das Kartoffelessen (Esca solanorum tuberosorum)

Wenn tief mit ihren blassen Strahlen
Die Sonne überm Blachfeld schwebt,
der Landmann froh mitsamt den Schalen
Kartoffeln aus dem Boden gräbt.

Dann freut sich jede brave Seele
Der Vielfalt deutscher Sortenzucht
Und preißt gewiß aus voller Kehle
Die edle stärkereiche Frucht.

Ob rund sie ist gleich einem Balle
Ob sie oval ist oder lang,
sie schmeckt famos in jedem Falle,
ob gelb, ob bleu, ob weiß und blank.

Der Hermann, ein betagter Knabe,
der von den Farben ist entzückt,
mit einer reichen Sondergabe
sein Volk von Jahr zu Jahr beglückt.

Er schleicht schon in des Morgens Frühe
Zum grünen Haxtergrund hinauf.
Und schichtet kunstvoll und mit Mühe
Dort Buchenscheite auf zuhauf.

Wie Gott Vulcanus bei den Alten
Entzündet er mit kluger List
Die Flamme, diesen hohen kalten
Stoß Holzes wärmt und schließlich frißt.

Sobald verzehrt er sinkt zur Erde,
der Hermann in die heiße Glut
mit einer schwungvollen Gebärde
den Haufen feinster Knollen tut.

Sie bruzzeln sanft im Aschefladen,
bis außen schwarz und innen weich
sie zum Genuß die Mannen laden.
Die springen flink herbei sogleich.

Damit kein Streit wie zwischen Abel
Und Kain entsteht und Neid enteilt,
der Hermann mit der Zinkengabel
sie sorgsam in Portiönchen teilt.

Bald hockt die Schar auf langen Bänken
Und plaudert heiter, schmatzt und kaut.
Nicht fehlt es ihr an Schnaps, Getränken,
an Butter, Blutwurst und an Zwiebelkraut.

Schnell dehnen sich die Gummischläuche
Von diesem rustikalen Mahl
Die arg verwöhnten Schlemmerbäuche,
und oftmals rumpeln sie fatal.

Wenn nachts danach der allzu volle
Kumpan sich wälzt im Bette schwer,
dann kollert manche schwarze Knolle
noch lang im Darme hin und her!



Für Hermann Auffenberg von Hubert Surrey, 2006




Die Martinsgans

Wenn fröstelnd der November schreitet,
vom Rauhreif schon ein wenig steif,
un hoch zu Roß St. Martin reitet,
dann sind des Landes Gänse reif.

Sie watscheln, schwer von fetten Pfunden
Zum Fressen süß im Daunenkleid,
erwarten sie die Gaumenkunden
und schnattern voller Heiterkeit.

Sie wiegen sich auf prallen Schenkeln
Und zeigen mit gewölbter Brust,
daß sie gesund sind und nicht kränkeln
den Bürzel schwenken sie aus Lust!

Das Auge sich begeistert weidet
An ihrer köstlichen Gestalt,
sobald sie nahen, ganz entkleidet
und warm vom heißen Aufenthalt

Da sind besonders sie willkommen
Denn jeder gern solch zartes Biest,
das vorher wurde ausgenommen
gespickt und fein gebräunt, genießt!

So pilgert an Novembertagen
Wohl manche leck´e Gans gerupft
Und duftend zu dem weiten Magen,
wo sie zum letzten Male hupft

An ihren Knochen Zähne nagen
Und knirschen greulich ab und zu.
Die Lippen schmatzen vor Behagen:
Verschwunden ist die Gans im Nu!

Der Jügling, der beim Gänseschmause
Ergattert nur das Gänseklein,
beteuert in der Essenspause:
„Mein Gänschen hat das schönste Bein!“

Doch über welche ernsten Dinge
Bei jedem lustbetontem Biß
Sinnieren alte Schlemmerlinge,
das ruht in tiefster Finsternis.

Oh Mensch, dem gut die Keule schmeckte,
mit samt der Leber und dem Kohl,
bedenk, wer Brennus kühn erschreckte
und rettete das Kapitol!

Hubert Surrey, 09.11.1996




 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü